Geschichte

Kesternich liegt am Rande einer Hochebene an der alten Verbindungsstraße vom Venn über Konzen nach Einruhr und weiter nach Gemünd und Schleiden. Die Ortschaft (Koordinaten: 50° 36′ 24″ N, 6° 19′ 47″ O) gehört neben Mützenich und Konzen zu den ältesten im Monschauer Land. Im Jahr 1966 wurden am Südrand der Ortschaft bei Ausgrabungen Fundamente einer römischen Bebauung aus dem 2./3. Jahrhundert freigelegt, sowie Keramikscherben und weitere Artefakte geborgen. Der Ortsname weist ebenfalls auf eine, wenn vielleicht auch nur rudimentäre, Siedlungskontinuität aus gallo-römischer Zeit. Das Suffix –ich, das sich im Ortsnamen vieler Siedlungen aus jener Zeit findet, leitet sich her von –iacum. Der ursprüngliche Name dürfte also „Castraniacum“ gewesen sein, was auf eine befestigte Herberge oder ein kleines Lager hinweist.
Die erste urkundliche Erwähnung geht zurück auf das Jahr 1334. Damals bezeugte ein „Johann von Kesternich“ einen Vertrag, der in den Unterlagen des Klosters Reichenstein überliefert ist.
Andere, ältere schriftliche Quellen, die irrtümlich mit dem Ort in Verbindung gebracht wurden, beziehen sich auf Kessenich bei Euskirchen.
1440 verlieh der Herzog ein Hofrecht an Hanrath/Hainrath in Kesternich. Die genaue Lage des Hofes ist allerdings unbekannt.
In Folge der Reformation sind im 16. Jahrhundert Wiedertäufer in Kesternich bezeugt, wobei der überwiegende Teil wohl im heutigen Rurberg siedelte. Die Nähe zur Grenze im Monschauer Land und damit die Fluchtmöglichkeiten bei Verfolgungen dürften dafür ausschlaggebend gewesen sein. Vor 1600 soll eine lutherische Gemeinde in Kesternich bestanden haben. Als Folge der brandenburgischen Besetzung Monschaus kam es ab 1611 zur Gründung einer reformierten Gemeinde. Erst 1622 mit der spanischen Besetzung und der Angliederung an Pfalz-Neuburg endete der Aufbruch der Reformation im Monschauer Land, wenn man von den Verhältnissen in Menzerath und Zweifall absieht.
1717 vermachte ein Martin Stollenwerk der katholischen Gemeinde eine Liegenschaft für einen Kirchenbau mit Friedhof. Der Bau erfolgte 1718, doch erst 1721 einigten sich der Landesherr und das Aachener Stiftskapitel über die Verteilung der Kosten und Einkünfte. Vor allem das Domkapitel stellte sich quer. Erst dann erfolgte die Benedizierung. Die Kesternicher Kirche blieb Filialkirche der Pfarrei Simmerath ehe sie 1804 im neugegründeten Bistum Aachen selbstständig wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kirchengebäude auf den Ruinen der zerstörten Kirche wiederrichtet und steht heute unter Denkmalschutz. Durch glückliche Umstände überstand das Altarkreuz aus dem 18. Jahrhundert die Zerstörungen und gelangte nach einer langen Odysse erst 1983 nach Kesternich zurück, wo es heute in der Kirche verwahrt wird.
In der Folge der Napoleonischen Kriege fiel das Rheinland 1798 an Frankreich. Nach der französischen Gebietsneuordnung gehörte Kesternich zum Kanton Montjoie als Teil des Arrondissements Aachen im Roer-Departement. Nach der Niederlage Napoleons und der politischen Neuordnung in Europa durch den Wiener Kongress 1815 wurde Kesternich Teil des Kreises Monschau und damit des Regierungsbezirkes Aachen. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war es damit Teil der preussischen Rheinprovinz.
1851 kamen zum Amt Kesternich auch die Nachbargemeinden Strauch und Steckenborn sowie Rurberg hinzu, die in Personalunion verwaltet wurden. Die Verwaltungsreform von 1936 gliederte dann auch noch Schmidt nach Kesternich ein.
Beim Vormarsch der Westallierten im Winter 1944/45 wurde die Bevölkerung evakuiert und in der Ortschaft gab es schwere Bodenkämpfe. Kesternich war hart umkämpft zwischen den deutschen und amerikanischen Truppen, die den Ort zweimal einnahmen. Entsprechend groß waren die Verluste und Zerstörungen. Von den erfolgreichen Bemühungen, das traditionelle Dorfbild zumindest teilweise wiederherzustellen, zeugt die heutige Bebauung. Trotz der erheblichen Kriegsschäden wurde mit viel Liebe zu der über die Jahre und Jahrhunderte gewachsenen traditionellen Bebauung mit teilweise erheblichem Aufwand alte charakteristische Bausubstanz wiedergestellt. Diese Anstrengungen wurden unter anderem auch im Jahre 2003 durch die Auszeichnung im Dorfwettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ mit der Anerkennung als „Golddorf“ gewürdigt.
Im Unterdorf erinnert heute ein Ehrenmal an die Gefallenen der beiden Weltkriege, nicht nur der Kesternicher Bürger, sondern auch speziell an die Opfer der amerikanischen 78. Infantrie-Division, die hier im Kampf gegen deutsche Soldaten der 272. Volksgrenadier-Division ihr Leben verloren.
Im Zuge der Gebietsreform 1972 verlor Kesternich die Stellung eines eigenständigen Amtes. Im Rahmen einer Verwaltungsreform wurde es mit weiteren Ämtern zur Gemeinde Simmerath zusammengelegt.

Literatur:

Neuss, Elmar nach H. Steinröx – W. Sage: Römische Ausgrabungen in Kesternich und Rurberg, EHV 39 (1967) S. 120-122; H. Steinröx: Höfe – Mühlen – Schiefersteine. Aufsätze zur Geschichte des Monschauer Landes, Monschau 1994, S. 290-292 (= Beiträge zur Geschichte des Monschauer Landes. 3); W. Scheibler: Geschichte der drei evangelischen Eifelgemeinden des Kreises Monschau. Monschau-Menzerath-Imgenbroich / Zweifall / Roetgen, Monschau 1955; A. Hohenstein: Schicksale zwischen den Fronten, Monschau 1982; Th. Schreiber: Kesternich, Steckenborn und Strauch im Spiegel amtlicher Karten, ML 29 (2001) S. 65-81